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MERICS China Essentials
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Grenzüberschreitender Datentransfer + G20 + Exporte

TOP THEMA

Was Chinas neue Regeln für grenzüberschreitenden Datentransfer für ausländische Unternehmen bedeuten

Die chinesische Cyberspace-Verwaltung (CAC) hat am 7. Juli die finale Fassung ihrer „Maßnahmen zur Prüfung von grenzüberschreitendem Datenverkehr“ (据出境安全评估办法) veröffentlicht. Die neuen Vorschriften schaffen endlich Klarheit über die Sicherheitsüberprüfung, der sich Unternehmen unterziehen müssen, bevor sie bestimmte Arten von Daten ins Ausland übertragen. 

Ab September müssen Unternehmen ihr Sicherheitsniveau bewerten und eine CAC-Prüfung beantragen, wenn sie beispielsweise wichtige Daten im Ausland zur Verfügung stellen, "kritische Informations-Infrastrukturen" betreiben oder personenbezogene Daten von mehr als einer Million Menschen verwalten und im Ausland nutzbar machen. Die CAC kann zudem für jedes Unternehmen eine Sicherheitsbewertung von Datenexporten anordnen, wenn sie dies für erforderlich hält.

Ausländische Unternehmen warten seit sechs Jahren auf klare Vorgaben für das Verfahren der Datensicherheitsprüfung. Das Cybersicherheitsgesetz von 2016 schreibt bereits seit Juni 2017 Sicherheitsbewertungen für Unternehmen vor, die in China gesammelte "persönliche Informationen" oder "wichtige Daten" exportieren möchten. Das Gesetz enthält jedoch keine genaueren Angaben, und auch spätere Entwürfe sorgten eher für Verwirrung als Klarheit. 

Die nun veröffentlichten Regeln schließen eine wichtige Lücke bei der Regulierung und Verwaltung von Daten in China. Die Grundlage bilden neben den neuen Maßnahmen und dem bereits erwähnten Cybersicherheitsgesetz das Datensicherheitsgesetz und das Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten von 2021 sowie die Maßnahmen zur Überprüfung der Cybersicherheit von 2022.

Europäische Unternehmen waren in China bislang darauf bedacht, die Vorschriften einzuhalten. Sie speicherten Daten nach Möglichkeit lokal, und für bestimmte Arten von Datenexporten holten sie informell die Genehmigung der lokalen Behörden ein. 

Theoretisch könnten die neuen Regulierungen für Unternehmen positiv wirken. Sie sehen klare Fristen für Entscheidungen der CAC und Einspruchsrechte vor. In der Praxis werden aber unspezifische Begriffe wie "wichtige Daten" oder die "Bereitstellung [von Daten] im Ausland" den Unternehmen jedoch weiter Probleme machen. Chinas Definitionen und Klassifikationen von Datenarten bleiben unübersichtlich. Die Regulierung von Datentransfers dürfte je nach Branche und möglicherweise sogar individuellen Unternehmen unterschiedlich gehandhabt werden.

MERICS-Analyse: "Positiv zu bewerten ist die größere Klarheit über Chinas grenzüberschreitenden Datentransfer. Doch müssen sich ausländische Unternehmen auf eine strengere Durchsetzung und Einhaltung der Vorschriften einstellen. Sie könnten zunehmend unter Druck geraten, Daten in China zu speichern", sagt MERICS-Expertin Rebecca Arcesati. "Außerdem haben die CAC und andere Behörden weiterhin erheblichen Ermessensspielraum bei der Definition der Datenkategorien, die in China verbleiben müssen. Die Politik wird also bestimmen, inwiefern sich Chinas Digitalwirtschaft mit dem Rest der Welt verbinden kann."

Mehr zum Thema: Beijing’s watchful eye on all data flowing in and out of China – short analysis by Kai von Carnap.

Medienberichte und Quellen:

METRIX

7 Tage

Um die aktuelle Covid-19-Welle in Macau einzudämmen, werden alle Casinos der Glücksspiel-Metropole eine Woche lang komplett geschlossen – eine einschneidende Maßnahme, die zuletzt vor mehr als zwei Jahren, in den ersten Monaten der Pandemie, ergriffen wurde. Angesichts der steigenden Covid-Fälle und der nachlassenden Geduld der Bürger steht den Sonderverwaltungszonen Macau und Hongkong sowie dem chinesischen Festland ein schwieriger Sommer bevor. Vergangene Woche wurde von dort die Rekordzahl von 2300 lokal übertragenen Fällen gemeldet. Beijings Umgang mit der Pandemie könnte sich bald verändern. Da die neuen Virusvarianten immer infektiöser werden und schwieriger einzudämmen sind, lockert die chinesische Regierung die Quarantänebestimmungen und setzt nun stärker auf regelmäßige Tests.

(Quellen:  Reuters, WSJ, Sixthtone)

THEMEN

G20-Außenministertreffen: China pflegt trotz Nähe zu Russland Beziehungen zu westlichen Ländern

Die Fakten: Beim G20-Außenministertreffen auf Bali vom 7. bis 8. Juli saßen erstmals seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine der russische Außenminister Sergei Lawrow und Chinas Außenminister Wang Yi mit ihren europäischen und US-Kollegen an einem Tisch. Insgesamt war die Stimmung wie erwartet angespannt. Das Treffen verlief für Lawrow und Wang aber durchaus unterschiedlich. Lawrow, der während des gesamten Gipfels von westlichen Vertretern gemieden wurde, verließ am letzten Tag direkt nach seiner Rede den Saal und kritisierte die "irre" Kritik des Westens an Russland. Wang hingegen führte bilaterale Gespräche mit mindestens zwölf seiner Amtskollegen. 

Der Blick nach vorn: Obwohl Wang auch mit Lawrow zusammentraf, war er darauf bedacht, Chinas Beziehungen mit westlichen Ländern nach der Verschlechterung in den vergangenen Monaten zu stabilisieren. Wang sprach bilateral mit US-Außenminister Antony Blinken, der neuen australischen Außenministerin Penny Wong (das erste Treffen von Außenministern beider Länder seit 2019), dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell sowie weiteren westlichen Vertretern. Seinen US- und australischen Gesprächspartnern überreichte Wang Listen von deren angeblichen Verfehlungen sowie chinesische Forderungen. Auch wenn dies die bestehenden Differenzen deutlich machte: Beijing bemühte sich, seine Forderungen als sachlich und konstruktiv darzustellen. 

MERICS-Analyse: "China will sich nicht offen auf die Seite Russlands stellen", sagt MERICS-Expertin Helena Legarda. "Es will zeigen, dass es international nicht isoliert dasteht und bereit bleibt, mit westlichen Ländern zusammenzuarbeiten – allerdings nur, solange diese sich an Beijings rote Linien und Forderungen halten."

Medienberichte und Quellen:

Exporte, Inflation und schwacher Konsum bedrohen Chinas Wachstum

Die Fakten: Chinas Exporte wuchsen im Juni um 17,9 Prozent im Vorjahresvergleich und lagen damit über den Prognosen, die von einem Wachstum von 12 Prozent ausgingen. Auch wenn Beijing über diese Erholung erfreut sein dürfte, könnte die Abschwächung der weltweiten Nachfrage, die sich aus der hohen Inflation in Industrieländern und Befürchtungen über eine Konjunkturabschwächung oder gar Rezession ergibt, die chinesische Exportwirtschaft vor große Herausforderungen stellen. China hat sich während der Pandemie stark auf Exporte gestützt, um das Wirtschaftswachstum trotz des schwachen Inlandskonsums aufrechtzuerhalten. 

Der Blick nach vorn: Xi Jinping strebt mit der "Strategie der zwei Kreisläufe" danach, Wachstum durch Binnenkonsum zu erzeugen und Chinas Abhängigkeit von Exporten zu verringern. Seit der Verkündung der Strategie vor einigen Jahren ist jedoch das Gegenteil geschehen. China kämpft im Gegensatz zu anderen großen Volkswirtschaften nicht mit hoher Inflation. Während die Preise in den USA und Europa aufgrund hoher Nachfrage bei geringem Angebot rasant steigen, sparen in China die Verbraucher für unvorhersehbare Lockdowns, anstatt sich die neuesten Autos und Smartphones zuzulegen oder neue Restaurants oder Reiseziele auszuprobieren. 

MERICS-Analyse: "Die hohe Inflation in den wichtigsten globalen Märkten ist eine schlechte Nachricht für Xi, da diese die Nachfrage nach chinesischen Exporten ausgerechnet zu einer Zeit dämpft, in der Beijing darum ringt, die wirtschaftliche Stabilität aufrechtzuerhalten", sagt MERICS-Experte Jacob Gunter. "Beijing wird größere Anpassungen an seinem Wirtschaftsmodell vornehmen müssen, um den Binnenkonsum auf das angestrebte Niveau zu befördern. Die in Kürze erscheinenden Wirtschaftsdaten für das 2. Quartal werden zeigen, wie tief der Abgrund ist, aus dem die Kommunistische Partei Chinas klettern muss, um ihr Wachstumsziel für 2022 zu erreichen."

Medienberichte und Quellen:

Demonstration von geprellten Bankkunden in Zhengzhou gewaltsam aufgelöst

Die Fakten: Bereits seit Monaten gibt es wegen eines Bankenskandals in der Provinz Henan wiederholt Proteste. Eine Demonstration in der Stadt Zhengzhou am vergangenen Sonntag wurde nun gewaltsam aufgelöst. Zahlreiche Bankkunden hatten dagegen protestiert, dass sie nicht an ihr Erspartes kamen, dessen Gesamtwert sich auf insgesamt bis zu 40 Milliarden CNY summiert. Im Mai waren örtliche Behörden gegen drohende Proteste vorgegangen, indem sie den Corona-App-Status von Bürgern auf Rot setzten und so deren Bewegungsfreiheit einschränkten. Dieser offensichtliche Missbrauch von Amtsbefugnissen machte Schlagzeilen in China, brachte aber keine Lösung. Bei der friedlichen Demonstration vor einer Filiale der People’s Bank of China in Zhengzhou ging nun eine Gruppe weiß gekleideter Männer – ob Polizisten in Zivil oder angeheuerte Schläger ist ungeklärt – gegen die Protestierenden vor.  

Der Blick nach vorn: Die Polizei führt Betrug, illegale Geldbeschaffung und Bandenaktivitäten als Ursachen für den Finanzskandal an. Die Demonstrierenden sahen die Verantwortung jedoch offenkundig bei den Provinzbehörden. Am Montag berichtete der parteistaatliche Fernsehsender CCTV, dass in Kürze eine Lösung präsentiert werden würde. Lokale Behörden kündigten an, kleine Beträge an Sparer auszahlen zu wollen. Dennoch bleibt das Misstrauen gegenüber der Regierung von Henan groß.  

MERICS-Analyse: "Die Demonstranten griffen in ihrer Kritik an der Lokalregierung geschickt den offiziellen Parteijargon auf", sagt MERICS-Experte Vincent Brussee. "Ein Protestspruch lautete 'Der China-Traum ist für 400.000 Einleger geplatzt'. Damit wollten sie wohl signalisieren, dass ihr Protest keine Bedrohung für das System darstellt. Das gewaltsame Durchgreifen der Behörden konnten sie allerdings nicht verhindern."  

Medienberichte und Quellen:

MERICS CHINA DIGEST

Sri Lanka crisis: political turmoil may have ‘big impact’ on China ties, observers say (South China Morning Post)

Die wirtschaftlichen und politischen Verwerfungen in Sri Lanka werden erhebliche Auswirkungen auf die Beziehungen zu China haben, schreibt die South China Morning Post. Zugleich sei die Krise des Landes eine Warnung für chinesische Investoren. (12.07.22)

Shinzo Abe's assassination sparks shock, glee, and reflection on Chinese social media (China Digital Times)

Die China Digital Times hat chinesische Reaktionen auf den Mord an dem früheren japanischen Premierminister Shinzo Abe analysiert. Sie reichen von Bestürzung bis zur Schadenfreude. (08.07.22) 

China: MI5 and FBI heads warn of ‘immense’ threat (BBC) 

Die Leiter des britischen und US-Geheimdienstes warnten in ihrem ersten gemeinsamen öffentlichen Auftritt vor den Gefahren durch China und verwiesen unter anderem auf Versuche politischer Einflussnahme, etwa bei Wahlen. (08.07.22)