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Neue MERICS Studie zur wirtschaftlichen Zukunft Hongkongs

Chinas Vorgehen gegen Proteste in Hongkong gefährdet den Offshore-Finanzplatz

Ein Ende der seit März letzten Jahres andauernden politischen Krise in Hongkong ist bislang nicht in Sicht. Das harte Vorgehen der chinesischen Führung droht zunehmend, auch Hongkongs Institutionen in Mitleidenschaft zu ziehen. Damit gerät Hongkongs Status als funktionierender Offshore-Finanzplatz in Gefahr. Die ehemalige Kronkolonie muss den Spagat bewältigen zwischen den unterschiedlichen Bedürfnissen der chinesischen Regierung und der internationalen Wirtschaftsgemeinschaft, so die MERICS Experten Max J. Zenglein und Maximilian Kärnfelt. Die Autoren des heute veröffentlichten MERICS China Monitor „Financial hub at risk. How China’s reaction to protests jeopardizes Hong Kong’s status” argumentieren, dass die andauernden Proteste und die Reaktion der Regierung Beijing vor ein Dilemma stellen: China könne nicht beides haben, die volle politische Kontrolle und das notwendige liberale Wirtschaftsumfeld.

Hongkongs Position als Finanzzentrum beruht auf dem hohen Maß an Autonomie der Stadt. Der Status als Sonderverwaltungszone hat Hongkong bislang erlaubt, die institutionellen Anforderungen an einen internationalen Finanz- und Handelsplatz zu erfüllen. Hongkongs Freiheiten, besonders Rechtsstaatlichkeit und das Fehlen von Kapitalkontrollen, sind essenziell, will China seinen wachsenden Hunger auf internationales Kapital auch künftig stillen.

Die Proteste haben Hongkongs Wirtschaft in Mitleidenschaft gezogen und die erste Rezession seit der Finanzkrise 2009 heraufbeschworen. Besonders betroffen sind der Einzelhandel, Restaurants, Hotels, der Transportsektor sowie der Veranstaltungsbereich. Der Immobiliensektor dagegen erwies sich bislang als stabil. Und auch die Finanzmärkte blieben unbeeinflusst. Es kam weder zu einem massiven Kapitalabfluss, noch büßte die Hongkonger Börse (HKEX) ihre Attraktivität für große Börsengänge ein. Hongkong führte sogar die weltweite Liste der Börsengänge an, darunter auch die Zweitnotierung von Alibaba, die sich als der größte Börsengang der Welt im vergangenen Jahr erwies. Hongkongs Anziehungskraft auf neue Unternehmen und hochqualifizierte internationale Arbeitskräfte hat jedoch gelitten. Führungskräfte aus dem Ausland haben damit begonnen, ihre Familien nach Singapur umzusiedeln.

Die Autoren argumentieren, dass es für China kurz- und mittelfristig keine überzeugende Alternative zu Hongkong gibt. Hongkong ist als Chinas Tor zu den globalen Finanzmärkten derzeit nicht ersetzbar. Die Stadt bietet China Zugang zu Devisen und spielt eine wichtige Rolle bei der Integration des chinesischen Finanzsystems in die Weltmärkte. Shanghai und Shenzhen sind angesichts ihrer strikten Kapitalkontrollen und dem Mangel an einer frei konvertierbaren Währung und Rechtsstaatlichkeit noch nicht in der Lage, Hongkong abzulösen.

Blickt man in die Zukunft, so birgt die politische Krise das Potential, die Institutionen Hongkongs zu schädigen, auf denen Hongkongs liberaler wirtschaftlicher Status basiert. Die Autoren analysieren verschiedene Gründe, warum Hongkongs Status als attraktiver Offshore-Finanzplatz gefährdet ist: die eskalierende Wirtschafts- und Finanzkrise, die nötige internationale Anerkennung des speziellen Handelsstatus Hongkongs, der politische Druck auf Unternehmen, der Hongkongs wirtschaftliche Freiheiten untergraben könnte und Beijings Vorgehen, das die unabhängige Justiz Hongkongs bedroht.

Einer MERICS-Umfrage unter Experten und Professionals in Hongkong zufolge erwartet die Mehrheit der Befragten (71,2 Prozent), dass Hongkong trotz anhaltender Proteste funktionsfähig bleibt. 22,9 Prozent der Befragten rechnen sogar damit, dass die Geschäfte angesichts rückläufiger Proteste und einer Rückkehr zur Stabilität ihren gewohnten Gang gehen werden. Nur sechs Prozent befürchten eine Verschlechterung der Situation mit schwerwiegenden und dauerhaften Folgen.

Zenglein und Kärnfelt warnen davor, dass wachsendes Misstrauen in Hongkongs Institutionen die Position als Offshore-Finanzzentrum gefährden. Beijings hartes Vorgehen droht, die Institutionen Hongkongs zu beschädigen. Der Druck, sich Chinas politischem und Rechtssystem anzugleichen, hat einen kritischen Punkt erreicht.

Die vollständige Studie „Financial hub at risk. How China’s reaction to protests jeopardizes Hong Kong’s status” finden Sie hier.

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